JahrgangsbewertungJahrgangsbewertungen

 

Eine alte Bauernregel sagt, dass man den neuen Wein an Sankt Martin trinken kann. Lange vorher wissen aber schon die Journalisten wie der Jahrgang ausfallen wird. Von der Schwierigkeit der Jahrgangsbeurteilung.

Eine beliebte Beigabe von Weinzeitschriften sind Jahrgangstabellen: Bewertung der letzten 10 Jahrgänge möglichst über alle Weingebiete dieser Welt und das alles im Kreditkartenformat. An sich hilfreich, wenn es so einfach wäre. Burgund hat eine Nord-Süd-Entfernung von fast 300 km; das Weingebiet von Bordeaux liegt partiell in der Nähe des Atlantiks und zum Teilfast 200 km im Landesinneren, Weinbau an der Rhône wird von Vienne im Norden bis fast in die Camargue im Süden über 200 km betrieben. Da herrschen nicht überall die gleichen Bedingungen, weder klimatisch noch geologisch. Aber damit nicht genug: Hagel- und Unwetterschneisen sind oft nur wenige Meter breit, nur dort wird die Ernte beeinträchtigt. Direkt daneben gedeihen gesunde Trauben. Ähnlich ist es bei Frostschäden. Und - um es noch komplizierter zu machen - in Burgund mit seinem alten ausgeklügelten System von Dorf-, Premier Cru- und Grand Cru Lagen wird die unterschiedliche Qualität der Weinberge neben den geologischen Bedingungen und der Ausrichtung der Weinberge auch bestimmt durch das sog. Mikroklima, d.h. z.B. den durchschnittlich 2 Grad, die es wärmer oder kälter ist und die über die Reife, über Frostschäden etc. entscheiden. Berücksichtigt man noch, daß die großen Weingebiete im Regenschatten von Bergrücken liegen, dann bekommt man vielleicht eine Vorstellung wie komplex das Thema ist.


Dabei haben wir noch überhaupt noch nicht vom Faktor "Mensch" gesprochen. Gerade in feuchten Jahren zahlt es sich aus, wenn man Erträge beschränkt, weil damit das Krankheitsrisiko im Weinberg sinkt. Zusammen mit einer rigorosen Selektion der Trauben bei der Ernte kann ein sorgfältig arbeitender Winzer durchaus auch in einem schwierigen Jahr zufriedenstellende oder gute Weine herstellen.


Deshalb stellen wir den Wert pauschalierender Jahrgangstabellen in Frage, auch weil wir glauben, dass 4 Jahrhundertjahrgänge in ersten Jahrzehnt einen infltionären Gebrauch derartiger Kategorien darstellt. Und es soll ja gar nicht so wenige Jahrgänge geben, die von der Presse in den Himmel gehoben oder verdammt wurden, bei denen sich später herausstellte, dass die Bewertung revidiert werden muss.
Das heißt aber nicht, dass Jahrgangsanalysen völlig unsinnig sind, aber die notwendige differenzierte Information passt eben nicht auf einen Bierdeckel.

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